von Frieda Franke
Adelsheim. Im Schlossfenster loderten Flammen, auf dem Kirchenportal glomm ein Feuer, die Sirene der Feuerwehr drehte sich aufgeregt im Oberschlosshof, und in einem Geschäft schaute ein Stuhl seiner eigenen Verbrennung zu. Adelsheim in Flammen? Adelsheim brannte – zwei Wochenenden lang! So wie man die bösen Geister austreiben, das Übel durch Beschwörung fern halten will, hatte sich die Weihnachtsaktion von Videokünstler Louis von Adelsheim in diesem Jahr der Faszination des Feuers verschrieben.
Auf der riesigen Leinwand im Schlosspark konnte man (und dabei stand man an einem wärmenden Feuer) staunend verfolgen, wie eine Eiche gefällt wird, in Großaufnahme sah man die erste Berührung der Säge mit dem Stamm, am Ende, kurz bevor der Riese fällt (man meinte ihn selber zu fühlen) – den Herzstich: „Andreas-Projektion“ war der Titel dieser eindrucksvollen neuen Videoinstallation in drei Teilen, die von vier Beamern auf die Großleinwand projiziert wurde. Das Fällen des Baumes, das Hacken der Holzscheite, am Ende das Lagerfeuer, das in Popfarben strahlte, unsere Augen öffnete für die Schönheit des Feuers.
Vom Realismus des Fällens über die verlangsamten Axtschläge bis zum artifiziellen Züngeln und Glühen: In dieser Videoarbeit ging es programmatisch um all das, was Lust und Leid des Feuermachens begleitet. Der Baum muss gefällt, das Holz mühsam zerkleinert werden, bis man wohl und gewärmt am Feuer sitzen kann. Arbeit und Freude und Gefahr: Das Thema Feuer berührt menschliche Urängste ebenso wie Allmachtphantasien. Erst durch das Beherrschen des Feuers wurde der Mensch unabhängig von den Naturgewalten.
2000 Menschen kamen an den letzten beiden Wochenenden, um die Winterpräsentation von Louis von Adelsheim und seinem Team zu sehen, spazierten durch den Park, tranken Glühwein und tanzten am letzten Samstag im – mit vielen Hundert Kerzen beleuchteten, von einem großen Feuer erwärmten – Oberschlosshof unter der Kastanie.
In Adelsheim brannte es also nicht nur, es gab auch Musik und Cocktails, die die Kälte bannten. Vor allem aber wurden auch diejenigen, die den Brand beherrschen, gerühmt und vorgestellt: Man sah der Freiwilligen Adelsheimer Feuerwehr bei der Arbeit zu. Schaute den Männern (und zwei Frauen) ins Gesicht, die hier in Großaufnahmen vorgestellt wurden. Überzeugend inszenierte Posen waren das von – was sie in einer Krisensituation auch sind – Helden.
Die eindrucksvollste Arbeit dieses Kunstwinters war jedoch eine Installation, die aus nicht mehr als einem Stuhl und einem Fernseher bestand. In einem leeren Laden waren sie aufgebaut: der Stuhl, der vor dem Monitor platziert war, auf dem die Verbrennung eines Stuhls zu sehen war. Während man vor dem Schaufenster stand, sich dabei auf seltsame Weise begann, mit dem leeren Stuhl zu identifizieren, wechselten die Farben innen und außen, eben noch in kaltes blaues Sezierlicht getaucht, wurden Laden und Fassade plötzlich von einem warmen Rot erfasst. Nichts ist, wie es scheint, alle Gefühle, alle Einschätzungen ändern sich unablässig.
Adelsheim brannte – und leuchtete, wie es das während der Kunstaktionen von Louis von Adelsheim immer tut: Häuser und Schaufenster waren angestrahlt und mit Glühstäben bestückt, die Stadt veränderte ihr Gesicht, wurde geheimnisvoll und vielversprechend. Und wenn man nicht dauernd um sein Leben oder zumindest seine Beine hätte fürchten müssen, während man auf der Hauptstraße magisch angezogen von all den Lichtern und Flammen promenierte, weil der Autoverkehr keine Rücksicht nahm auf kunstsüchtige Spaziergänger, dann hätte man sich in ein wahres Lichter-Paradies versetzt gefühlt, in dem wir mit Feuer nicht Gefahr, sondern allein Wärme, also ganz und gar positive Energie, verbinden.
Die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema „Energie“ wird auch im kommenden Adelsheimer Kunstsommer im Zentrum stehen. Ausgewählt und präsentiert im bundesweiten Wettbewerb „Deutschland – Land der Ideen“ wird mit Einsteins berühmter Formel im Titel (e=mc2) vom 20. Juni bis zur Nacht der 10000 Lichter am 19. Juli 2008 Adelsheim wieder weit über die Region hinaus leuchten und hoffentlich viele Kunstbegeisterte aus dem ganzen Land ins Bauland ziehen.
Rhein-Neckar-Zeitung
27. Dezember 2007